Langsam zeichnet sich eine zweigleisige Strategie ab, um trotz Corona-Mutationen schrittweise wieder ein öffentliches Leben zu ermöglichen: Impfungen und Schnelltests werden einander ergänzen müssen.
Diese Lage stellt Event-Organizer vor neue Probleme: Es ist gut möglich, dass Live-Events nur unter der Auflage erlaubt werden, dass Teilnehmer eine Impfbestätigung vorweisen können – oder zumindest einen aktuellen negativen Corona-Test. Auch in Deutschland ist die Notwendigkeit digitaler Impfausweise endlich angekommen – dazu unten mehr.
Die Umsetzung dieser Vorgaben wird eine Schnittstelle erfordern, über die Teilnehmer den Veranstaltern ihren Impf- oder Teststatus übermitteln können. Für Teilnehmer sollte das Ganze möglichst komfortabel sein, um keine unerwünschten Hürden aufzubauen. Für Veranstalter hingegen spielt die Zuverlässigkeit und Aktualität der Daten eine entscheidende Rolle.
Diverse Initiativen zur Erfassung digitaler Nachweise für Impfungen und Tests wollen beide Ansprüche unter einen Hut bringen. Dieser Blog-Beitrag stellt kurz einige Initiativen vor und gibt einen Ausblick für Messemacher.
IATA Travel Pass: grünes Licht vom Luftfahrtverband
Fluglinienbetreiber haben ein ähnliches Problem wie Messeschaffende. Konsequenterweise hat der Dachverband der Luftfahrtindustrie IATA die “Travel Pass Initiative” ins Leben gerufen. Kern des Konzepts ist eine App, die Reisedokumente speichert, Passagiere über Test- und Impfmöglichkeiten informiert sowie Testergebnisse und Impfbestätigungen verwaltet.
IATA hat ein solides Standing: Der Verband wurde 1945 gegründet und zählt 290 Fluggesellschaften aus 120 Ländern zu seinen Mitgliedern. Autorisierte Labors und Testcenter sollen über den Travel Pass den Gesundheitsstatus von Passagieren melden können. Passagiere können ihren Status dann für die Fluglinie und die Einreisebehörden im Zielland freigeben. Ein halbstündiges Video zeigt, wie das funktionieren soll.
CommonPass: Corona-Status für alle
Etwas breiter angelegt ist der CommonPass. Das Grundkonzept ist ähnlich wie beim IATA Travel Pass, die Unterschiede liegen in der Zielgruppe und der Umsetzung. Der Ansatz wird unter anderem vom World Economic Forum unterstützt.
Der CommonPass soll auch für Grenzkontrollen von Reisenden gelten, die nicht mit dem Flugzeug unterwegs sind. Die Macher des CommonPass betonen dessen Offenheit. So soll das System bestehende Gesundheitsschnittstellen wie Apple Health und CommonHealth integrieren. Darüber hinaus verspricht CommonPass, besonders auf die Erhaltung der Privatsphäre der Reisenden zu achten.
Impfpässe mit Microsoft
Zahlreiche Initiativen sind mit der Einführung digitaler Impfpässe beschäftigt. Die internationale “Vaccination Credential Initiative” (VCI) bringt Gesundheitsorganisationen, Krankenversicherungen und Technologiefirmen zusammen, um einen internationalen digitalen Standard zu etablieren.
Aus dem IT-Bereich beteiligen sich unter anderem Microsoft, Oracle und Salesforce an der VCI. Basis der Bemühungen ist ein offener Gesundheitskarten-Standard, das “SMART Health Cards Framework“.
Europäische Ansätze
Estland, Ungarn und Island sind derweil mit der Umsetzung der Plattform “VaccineGuard” beschäftigt. Dieses Blockchain-basierende System baut auf bestehenden Bausteinen des multinationalen Unternehmens Guardtime auf, die in Estland bereits seit längerem im Praxiseinsatz sind.
Guardtime will zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation WHO einen umfassenden Standard definieren. VaccineGuard hat sich viel vorgenommen: Bei Einsatz aller Module sollen nicht nur Bürger problemlos Grenzen passieren dürfen. Regierungen sollen mit dem System den Fluss von Impfstoffen steuern und Hersteller die Verbreitung von Impfstofffälschungen verhindern können.
Schweden und Dänemark wollen schon im Sommer 2021 mit der Ausgabe digitaler Impfpässe beginnen. Dieser Zeitplan erscheint ambitioniert, zumal bislang keine Technologiepartner bekannt sind.
Deutschland zieht (endlich) nach
In zwei deutschen Landkreisen werden bereits digitale Impfnachweise ausgegeben: eines im oberbayerischen Landkreis Altötting, das andere im baden-württembergischen Zollernalbkreis. In beiden Fällen kommt ein Blockchain-basierendes System des Kölner Anbieters Ubirch zum Einsatz.
Auch auf Bundesebene tut sich (endlich) etwas. Noch im Januar hatte das Gesundheitsministerium darauf bestanden, dass der digitale Impfausweis ausschließlich als Bestandteil der Elektronischen Patientenakte (EPA) umgesetzt werde. Das dauert aber mindestens bis Januar 2022.
Jetzt ist aber doch Bewegung in die Sache gekommen: Einem Artikel in „Die Welt“ (Bezahlbereich) zufolge hat das Gesundheitsministerium zum 24. Februar eine beschränkte Ausschreibung gestartet, um kurzfristig einen digitalen Impfnachweis zu ermöglichen. Und das wirklich fix: Die Ausschreibung wurde gezielt auf Anbieter beschränkt, denen das Ministerium eine schnelle Umsetzung zutraut.
Der „Welt“ zufolge fordert die Ausschreibung einen digitalen „Impfnachweis“, keinen Ausweis –gewünscht ist also eine Ergänzung, kein Ersatz für den EPA-Impfausweis. Der Nachweis soll fälschungssicher, datenschutzkompatibel und sowohl in digitaler als auch Papierform umsetzbar sein.
Ausblick für Messemacher
Angesichts der unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Impfpassinitiativen ist eine einfache, schnelle Lösung nicht in Sicht. So wird es absehbar nötig sein, diverse Nachweistypen in die Teilnehmerregistrierung zu integrieren. Eventuell läuft es auch auf eine mehrgleisige Strategie hinaus, z. B. durch digitale Nachweise und Soforttests vor Ort.
Die gute Nachricht: Insgesamt haben sowohl die Reise-Apps als auch digitale Impfausweise das Zeug dazu, sich in bestehende Messeabläufe integrieren zu lassen. Wer fliegen darf, sollte konsequenterweise auch Messen, Konferenzen oder Kongresse besuchen dürfen.
Zur Übernahme der Daten aus den vorhandenen Quellen können Teilnehmer bei der Registrierung entweder ihren digitalen Impfausweis vorlegen oder die ID ihrer Reise-App hinterlegen. In letzterem Fall können Veranstalter die ID nutzen, um unmittelbar vor dem Event den gesundheitlichen Status des Teilnehmers zu verifizieren.
So liegt dem Organizer der aktuelle Status des registrierten Teilnehmers pünktlich zur Veranstaltung vor – und somit auch die Zugangsberechtigung. Voraussetzung hierfür ist allein der Zugriff auf die Schnittstelle des jeweiligen Standards.
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